Top 10 Filme | 2024*

10. Heretic

© Plaion Pictures

"You believe your God tests you, but tell me, what if it's me testing him through you?"

Zwei Vertreterinnen einer Kirche begeben sich zu dem Haus eines Herren, der zuvor Interesse an einem solchen Besuch bekundet haben muss. Die Mission der beiden jungen Frauen: Missionieren. Ihr Gastgeber hat aber ganz andere Pläne im Sinn. Er hat eine feste Meinung zum Thema Religionen und beabsichtigt an diesem Tag, das Programm selbst zu bestimmen und den Glauben der Missionarinnen auf die Probe zu stellen...

Der Film ist eigentlich ein Paradebeispiel für ein Werk, das sehr vielversprechend beginnt, dann aber zunehmend seine Glaubwürdigkeit verliert. Und auch, wenn es Heretic eigentlich nur aufgrund meines guten Willens in diese Top 10 des Jahres geschafft hat, halte ich ihn für ein alles andere als vergessenswertes Erlebnis. Ein toller Hugh Grant, der sichtlich Spaß an seiner Rolle hat, eine spannende Prämisse sowie der gut dosierte Humor (trotz des Genres) sind hier Argument genug, um ihm eine Chance zu geben.

Für alle, die Barbarian (2022) nicht gesehen haben, hat Gott Heretic auf die Erde geschickt...
 

9. May December

© Netflix

"Well, there are things that exist inside people that don't necessarily come to head until later, and I try and look for the seeds of those things."

Eine Schauspielerin (Natalie Portman) begleitet den Alltag einer durch einen Skandal prominent gewordenen Frau (Julianne Moore), welche sie in einem biografischen Film darstellen soll, und ihrer Familie. Was als einfache Recherche zu künstlerischen Zwecken beginnt, entwickelt sich schnell zu einer Art Ermittlung bis hin zur Manipulation. 

May December ist eine spannende Erfahrung für den Zuschauer, der sich zwischen der öffentlichen Wahrnehmung zu besagtem Skandal, der (Selbst)Darstellung betroffener Charaktere und der Fremdeinwirkung durch die Protagonistin eine eigene Meinung zu Vergangenem und Gegenwärtigem bilden muss. 


8. Humanist Vampire Seeking Consenting Suicidal Person

© Art et essai

"Don't worry, I want to die."

Sasha ist eine junge Vampirin, die sich bisher ausschließlich von Blutbeuteln aus Hotel Mama ernährt hat, als wären es Capri-Sun. Sie ist nämlich zu feinfühlig und zu empathisch mit den Menschen, um sie zu töten. Als ihre Eltern am Ende ihrer Geduld ankommen, muss sich Sasha endlich entscheiden: Entweder sie verhungert oder sie geht jagen.

Wohl oder übel findet sie sich bald bei ihrem ersten Jagdversuch auf eigene Faust wieder und trifft dabei auf Paul. Einen depressiven Jungen ihres Alters, der sich das Leben nehmen möchte. Gefundenes Fressen, so rein theoretisch. Aber so einfach verhält es sich dann natürlich doch nicht, wenn man eine empathische Vampirin ist...

Ja, dieser Film ist genau in dem Maße süß, wie es hier klingt.


7. The Substance

© Mubi/DCM

"The balance must be respected."

Neulich bei einer Stand-up-Show, die ich besucht habe, hieß es sinngemäß: "Warum lassen sich Leute den Arsch machen? Ich bin fünfzig Jahre alt und habe meinen Arsch bis heute noch nicht gesehen!"

Es wird daran liegen, dass die von Demi Moore in The Substance gespielte Figur, eine (ehemalige?!) Schönheit Hollywoods mittleren Alters, sich nicht ähnlich mit dem Alterungsprozess abgefunden hat oder aber auch an dem Ausmaß der ästhetischen Erwartungen, die das Rampenlicht und somit die Produzenten sowie Konsumenten des Show-Business im Vergleich zu männlichen Prominenten an die Frauen stellt, dass besagte Figur sich auf eine fragwürdige Substanz einlässt. Ähnlich atemlos wie einen der letzte Satz entlässt, schaute ich mir diesen Film an. 
Als diese fast zweieinhalbstündige Freak-Show vorbei war, und das ist jetzt keine Übertreibung, musste ich mich für einige Minuten vor ein offenes Fenster stellen, weil mir nach dem Body-Horror in der Schlusssequenz zum Brechen übel wurde. Ich stand also da in der eiskalten Luft und fing an diesem Oktoberabend schonmal an, meinen Neujahresvorsatz zu formulieren: Freunde dich mit deinen grauen Haaren an, verzeihe deinen Geheimratsecken und wenn dir eine anonyme Quelle Spritzen anbietet, die dir deine Jugend zurückzubringen versprechen, dann setze dich auf deinen alternden Arsch und finde dich damit ab, dass die Zeit ein lineares Konzept ist, das sich nicht umgehen lässt. Aber für deine Rücken- und Nackenschmerzen, geh mal wieder zum Arzt.

The Substance reiht sich hinter Requiem For A Dream, Black Swan, Incendies und Mother! in meine knappe Liste von Filmen ein, die so gut, aber gleichzeitig auch so unangenehm zu schauen waren, dass ich sie vermutlich nicht so bald wieder ansehen werde.


6. Challengers

© Warner Bros. Pictures Germany

"It's a relationship."

Es geht um Tennis. Und es geht um Beziehungen. Aber auch da geht es eigentlich mehr um Tennis und das ganze Beziehungsdings und bums, ziemlich viel bums übrigens, soll veranschaulichen, was da wann mit dem Tennis los ist im Laufe der Leben der drei Hauptfiguren. Kann ja gut sein, dass der eine oder andere Zuschauer nicht viel von Tennis versteht. Oder keinen Ehrgeiz besitzt. Oder irgendwelche besonderen Ziele in seinem Leben, die letzteres erfordern.
Denn genau das ist es letztendlich, was Luca Guadagnino auf die Leinwand bringt: Wie wirken sich hohe Ambitionen auf Persönlichkeiten und ihre Beziehungen aus und was passiert, wenn diese nicht geteilt werden? Ziehen sich Gegensätze nun immer an oder ist das vielleicht doch eher Unsinn, spätestens wenn man Ziele vor Augen hat? Und wie sieht es mit der Liebe zu der Sache an sich aus, hier speziell zu besagtem Sport, wenn man ausschließlich den Erfolg vor Augen hat?

Es ist erstaunlich, wie viele Bälle hier geschlagen werden, wie gut die Matches inszeniert sind und wie wenig der Film am Ende doch von Tennis handelt.


5. The Bikeriders

© Universal Pictures

"So he says, 'You passed everything, but,' He says, 'You are an undesirable character... we don't want you.'"

Das Drehbuch zu The Bikeriders ist inspiriert durch einen gleichnamigen Fotoband aus dem Jahr 1968 inklusive diversen Interviews mit Mitgliedern des Chicago Outlaws Motorcycle Clubs. Der Fotojournalist Danny Lyon tritt nämlich 1963 jener Biker-Gruppe bei und verbringt vier Jahre als vollwertiges Mitglied, während er das Erlebte gleichzeitig dokumentiert. 
Hat man diese Hintergrundinformationen einmal aufgeschnappt, versteht man auch, wieso der Film einen eher episodischen Charakter aufweist als eine lineare Erzählstruktur. Und wenn man sich einmal mit der Idee angefreundet hat, gibt es meiner Meinung nach nicht mehr viel, was einen davon abhalten sollte, Gefallen an diesem Film zu finden.

The Bikeriders ist nicht einfach nur ein unterhaltsamer Film über eine Gruppe von kriminellen Macho-Männern auf coolen Motorrädern (was an sich schon geil ist); im Zentrum der Geschichte ist eine Idee bzw. eine Anfangsmotivation, die im Laufe der Zeit und mit der Zunahme an Anhängern verformt und neu interpretiert werden.

Jeff Nichols überzeugt außerdem mit der Konstellation seiner Protagonisten: Tom Hardy spielt den Gründer und das Oberhaupt der Bande mit großer Selbstverständlichkeit, während Austin Butlers Charakter im ersten Moment ohne sonderliche Tiefe daherkommt, bei genauerer Betrachtung aber einen wichtigen symbolischen Wert trägt: Er verkörpert sozusagen das Ding an sich. Er IST die Biker-Kultur durch und durch. 
Eine starke Jodie Comer tritt als DIE weibliche Figur auf, welche diese von Maskulinität geprägte Geschichte erzählt und kommentiert.

Alles zusammen ergibt das einen Film, den man auf vielen verschiedenen Ebenen betrachten kann und auch, wenn ich nachvollziehen kann, dass er kein besonders großer Erfolg wurde, halte ich ihn für einen echt guten Film für Genre-Liebhaber und auch darüber hinaus.


4. I Saw The TV Glow

© A24

Owen: "Is the Ice Cream Man in every episode?"
Maddy: "No. That's just the monster of the week. Mr Melancholy is the big bad."

Ich weiß nicht, bis zu welchem Alter das ungefähr andauert. Es variiert sicher von Person zu Person. Aber die ersten soundsoviel Kindheitsjahre, also die erste Lebensphase der meisten Menschen, ist geprägt durch den Umstand, dass man in sehr vielen Momenten nichts weiter ist als ein Mitbringsel seiner Eltern. Mann kann nun mal nicht alleine gelassen werden. Und je langweiliger der Anlass ist, zu dem man geschleppt wird, desto langsamer scheint die Zeit zu vergehen. Wann haben wir uns das erste Mal selbstständig unsere Zeit einteilen können und wofür haben wir sie genutzt?
Und jetzt stell dir vor, dass dieser Lebensabschnitt einfach nicht enden möchte. Du hast bereits ein gewisses Alter erreicht, du bist eventuell schon (fast) erwachsen. Aber du wirst dieses Gefühl einfach nicht los, nicht mehr zu sein, als mitgebracht worden...

"This isn't normal. This isn't how life is supposed to feel."

Weiß der Geier, was ich hier gerade versucht habe zu erzählen. Und was weiß ich, was ich mir da mit I Saw The TV Glow angesehen habe. Zwei Nächte hintereinander, weil er mich nach dem ersten Mal ziemlich durcheinander und sprachlos zurückgelassen hat. Nach dem zweiten Mal habe ich dir diesen Film auf Platz 4 mitgebracht.

3. The Zone of Interest

© Leonine

"The life we enjoy is very much worth the sacrifice."

Die Frage "Wie konnten alle diese Menschen da nur mitmachen?" dürfte bei den meisten Menschen ein immer wiederkehrendes Thema sein, die in ihren Jugendjahren spätestens durch den Geschichtsunterricht auf das dritte Reich gestoßen sind. Die wohl bekanntesten Antwortversuche stammen hier vermutlich von der Täterseite ("nur Befehle befolgt") sowie der Wissenschaft (Milgram-Experiment).

Mit The Zone of Interest wagt sich diesmal ein Kunstwerk daran, sich den möglichen Alltag einer deutschen Familie zu Zeiten des Holocaust auszumalen, deren schönes Haus an die Mauern des Konzentrationslagers Auschwizt grenzt und deren Wohlstand auf der Leitung des Lagers durch den Familienvater beruht. 

Der Film schafft es, ein vielfach in Büchern und Filmen behandeltes, unsere Geschichte prägendes Zeitalter aus einer ganz eigenen Perspektive zu betrachten und setzt dabei auf Motive, die man zunächst als sehr subtil wahrnehmen kann, um sich bei genauerer Auseinandersetzung die Frage zu stellen, wie subtil diese denn wirklich waren. Eine sehr unangenehme Filmerfahrung, die ich genau so gut auf Platz eins hätte setzen können, mich aber aus einem ganz einfachen Grund dagegen entschieden habe: Ich wollte nicht.


2. Poor Things

© The Walt Disney Company Germany GmbH

"I am an eunuch and can't fuck her!"

Yorgos Lanthimos steht in meinem persönlichen Wortschatz synonym für 'hit-or-miss'. Während seine Filme aufgrund ihrer Prämissen zunächst immer mein Interesse wecken und in Fällen wie von The Lobster oder The Killing of a Sacred Deer auch alles andere als enttäuschen, schreckt mich die immer vorhandene Perversion wie in Dogtooth oder Kinds of Kindness gerne mal ab. Aber eines muss ich immer über ihn sagen: Der Mann hat eine ganz eigene Handschrift und das muss man ihm anerkennen.
In Poor Things trifft eine interessante Prämisse auf eine Perversion, die diesmal total zum Grundton der Geschichte passt und mit Hilfe des genau richtigen Humors auch mir als vergleichsweise empfindliches Publikum problemlos untergejubelt werden kann.

Im Laufe des Films habe ich seine feministischen Mühen schnell bewundern gelernt, dann hinterfragt, ob die provokanten Entscheidungen der weiblichen Hauptfigur hier und da nicht doch eher kontraproduktiv sind und mich anschließend ertappt gefühlt, weil ich als Mann die Handlungen jener Hauptfigur hinterfragte. Auch geht mir seitdem die Frage nicht aus dem Kopf, wie ich gewisse Szenen bewertet oder empfunden hätte, hätte eine Frau hier Regie geführt.
Über Poor Things musste ich zunächst eine Nacht schlafen, um mir eine endgültige Meinung zu bilden. Umso überzeugter bin ich heute davon, dass Platz zwei eine gerechtfertigte Platzierung im Jahresranking darstellt.


1. Dune: Part Two

© Warner Bros. Pictures Germany

"Power over spice is power over all."

Gemeinsam mit seinem ersten Teil ergibt diese Fortsetzung nicht nur endlich eine vollständige Geschichte, sondern stellt auch so ziemlich das beste dar, was das Blockbuster-Kino im Moment zu bieten hat.

Nachdem uns 2021 der Wüstenplanet Arrakis und seine Bewohner eher aus imperialer Sicht vorgestellt wurden, tauchen wir hier tiefer in die Kultur und den Glauben der einheimischen Fremen ein und stellen fest, dass es sich bei ihnen um gar kein so homogenes, rein fanatisches Volk handelt, wie es zuvor vielleicht den Anschein erweckte. Zwischen einem Propheten widerwillen, einer ausgebeuteten Bevölkerung und einem Imperium in Aufruhr, findet man sich in einem bildschönen sozio-/interkulturellen Kommentar wieder und wenn man nicht aufpasst, merkt man bei dem visuellen Spektakel kaum, was einem auf dieser Ebene geboten wird.

Solange Denis Villeneuve noch nicht den letzten Punkt in das Drehbuch zum erwarteten dritten Teil eingetippt und sich von Dune verabschiedet hat, bevor sich das Franchise in den Händen von spin-off-rünstigen Konsumenten und hellhörigen Produzenten zu einem von vielen (zurück)entwickelt hat, lohnt sich eine frühe Auseinandersetzung mit dieser von Frank Herbert erschaffenen und durch Villeneuve an die Leinwand maßgeschneiderten Sci-Fi-Welt voller Spice und Würmer. 


*Grundlage für diese Liste sind Filme, die ihren offiziellen Deutschland-Release in 2024 hatten und die ich noch vor Ablauf des Jahres geschafft habe, zu schauen. 

Kommentare

  1. Vielen Dank für das Ranking. Werde demnächst einiges aus der Liste anschauen 👍🏻

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